Um die Zukunft des Modellprojekts Musikkindergarten Berlin zu sichern - und damit den Ausgangspunkt für zahlreiche Initiativen, Musik wieder in unserem Bildungssystem zu etablieren -, um den Mehraufwand für eine gute, bildungsadäquate Ausstattung mit qualifizierten Erzieherinnen zu ermöglichen, ist eine stabile, konstante finanzielle Basis nötig. Deswegen legen wir nicht-individualisierte „musik-kinder-stipendien“ auf: Ein Stipendium kostet pro Jahr 1500,- Euro; jeder, der ein Stipendium übernimmt, verpflichtet sich für drei Jahre - so lange ist im Durchschnitt jedes Kind im Musikkindergarten. Die Übernahme mehrerer Stipendien ist möglich.

Wer ein Stipendium übernimmt, kann in der Laufzeit des Stipendiums kein eigenes Kind im Musikkindergarten unterbringen. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, daß man sich „einkaufen“ kann und dadurch die soziale Offenheit des Musikkindergartens verletzt würde. Die Stipendien gelten als Spende und sind spendenabzugsfähig.

 Hier die PDF-Datei zu den musik-kinder-stipendien.


Im Frühjahr 2005 initiierte Daniel Barenboim die Gründung des Musikkindergartens Berlin und gab ihm die Leitlinie, „nicht Musikerziehung, sondern Bildung der Kinder mit und durch Musik“ zu realisieren.

Mit den Musikern der Staatskapelle Berlin hatte Daniel Barenboim auf einer Tournee über diesen Plan gesprochen und sie gebeten, ehrenamtlich den Kindergarten musikalisch zu unterstützen. Und dies tun die Musiker: Seit nun mehr als zwölf Jahren kommen sie Woche für Woche in den Musikkindergarten, zeigen, spielen, erläutern ihre Instrumente, geben kleine Konzerte, begleiten Lieder, bringen Konzert- und Opernliteratur mit, vertiefen musikalisch Bildungsschwerpunkte und führen gemeinsam mit den Erzieherinnen und den Kindern alljährlich Projekte durch. Die Akademisten der Staatskapelle helfen ebenfalls, vor allem dann, wenn die Staatskapelle Berlin auf Tournee ist.

Projektauffuehrung

In der zweiten Hälfte des Kitajahres finden Jahr für Jahr Projekte statt, in die alle Kinder, teilweise auch gruppenübergreifend, einbezogen sind. Projektideen, Konzeption und Koordination aller Beteiligten lagen bis zum Leitungswechsel in der Hand von Leonore Wüstenberg. Für das Sommerprojekt 2017 war Matthias Ibach federführend. Seit 2018 liegt die Projektleitung bei Nina Braune.

Das Ziel ist eine interne Aufführung zum Ende des Kitajahres, für Eltern, Großeltern, Geschwister; der Weg dorthin sind wochenlange Beschäftigung mit Themen und mit musikalischen wie darstellerischen Modulen, jeweils altersgemäß und spielerisch.

Da die Musiker der Staatskapelle Partner dieser Projekte sind, werden immer wieder auch Opern als Projektinhalte aufgegriffen.

 


2015: Unser Öperchen

Musik: Dieter Schnebel Libretto: Daniel Kehlmann

Uraufführung durch Musiker der Staatskapelle Berlin unter Leitung von
Daniel Barenboim am 13. Juni 2015 im Foyer des Schillertheaters.

Regie: Leonore Wüstenberg

Mitwirkende: Die Kinder im Musikkindergarten Berlin

 


Die Projektthemen der letzten Jahre:

2022: 'Bilder einer Ausstellung' (mit der Musik von Modest Mussorgsky)

2021: Astor Piazzolla

2020: "Schläft ein Lied in allen Dingen..." - Singen mit Kindern, die Kinderstimme entdecken

2019: Auf der Suche nach Papagenos Glöckchen (mit Musik aus Mozarts 'Zauberflöte')

2018: Das Meer und die Perlenfischer (mit der Musik von Georges Bizet)

2017: Spiel und Musik und Musik spielen

2016: Sommervielfalt der Nationen - Lieder, Tänze, Essen

2015: Unser Öperchen (zum 10. Geburtstag komponiert von Dieter Schnebel; Libretto: Daniel Kehlmann)

2014: Mozart spielt auf

2013: Sommerwelt - die Nationen- und Kulturenvielfalt im Musikkindergarten

2012: GeMuLi - Gedicht - Musik - Lied

2011: Elisir d'Amour/Liebestrank (Gaetano Donizetti stand Pate)

2010: Gefühle

2009: Kindersymphonie (entlang der 'Kindersymphonie' von Leopold Mozart)

2008: Kiezmusikanten (Erkunden der historischen, baulichen und sozialen Umgebung des Standorts Musikkindergarten)

2007: Stimm-Zauber (angelehnt an Mozarts "Zauberflöte")

2006: Karneval der Tiere (angeleitet von Camille Saint-Saëns)

2005: Glocken

 

In tausend Geschichten zeigt sich im Musikkindergarten, dass die Musik alle kulturellen und sozialen Hürden leicht überwindet und die Kinder, unabhängig von ihrem Hintergrund, an alle Bildungsbereiche heranführt. Vielleicht, weil die Musik unsere Ursprache ist und Bedeutungen strukturieren und systematisieren hilft.

Da ist der kleine kolumbianische Junge, der in Deutschland aufgewachsen ist, fließend die deutsche Sprache beherrscht, nach einigen Wochen in der elterlichen Heimat zurückkommt und im Musikkindergarten kein Wort Deutsch mehr spricht und versteht. Nur spanisch spricht.

Zu dem damaligen Zeitpunkt hatten wir keine Erzieherin, die des Spanischen mächtig war - die Situation war also brenzlig, weil der Kleine auf kein deutsches Wort reagierte. Einen Tag später war die Situation geklärt. Auf die Frage „Wie?“ kam eine nun doch überraschende Antwort: Die Kinder hätten das Problem gelöst. ??? Am Abend des vorigen Tages hätten sie alle spanisch gesprochen. Alle Kinder seiner Gruppe haben, ohne jede Anleitung, mit den gehörten spanischen Vokabeln so kunst- und lustvoll gespielt und gesprochen, dass der kleine Kolumbianer seine besondere neue Rolle verloren hatte und am nächsten Tag wieder Deutsch sprach. Die Kinder haben durch die Musik fein geschulte Ohren, der Zugang zu anderen Lauten und Sprachen fällt ihnen leicht und ist ihnen zudem noch ein Riesenspaß. Frühspanisch kann das nicht ersetzen. Das Fazit daraus: Ein ausgebildetes Wahrnehmungsvermögen befähigt nicht nur zum Lernen, es verführt dazu.

Da ist die knapp Zweijährige, die nach dem Besuch einer Geigerin der Staatskapelle Berlin wider alle Vernunft und entgegen allen unseren pädagogischen Grundsätzen schon Geige spielen will und über Wochen auf der Viertelgeige im Musikkindergarten so lange herumkratzt, bis sie richtige Töne hervorbringt.

Und die Zweieinhalbjährige, die mit zwei Muttersprachen in den Musikkindergarten kommt, kein Wort Deutsch kann und nach einer Woche musikalischer Grundverständigung anfängt, deutsch mitzusingen.

Oder die kleine Gruppe von knapp vierjährigen Jungen, die verschiedenfarbige Wäscheklammern zusammensuchen, diese bunt durcheinander zusammenstecken und die fünf Meter lange Schlange als Partitur zum Musizieren mit unterschiedlichen Instrumenten benutzen: Jeder Klammerfarbe war ein Instrument zugeordnet. Und sie spielten ihre Partitur mit großer Ernsthaftigkeit und hohem Tempo ab. Sie wollten „komponieren“, ein Komponist war Wochen zuvor bei den Kindern zu Besuch - nur auf die Wäscheklammernpartitur-Idee wäre kein Erwachsener gekommen.